Die Medienbranche ist sehr flexibel: Dadurch, dass Produktionen in der Regel auftragsbezogen durchgeführt werden und nicht etwa wie in einer Fabrik Tag für Tag das gleiche hergestellt wird, ändern sich auch die Teams, welche zusammenarbeiten. Als Freischaffende*r oder Auftraggeber*In in der Branche wirst du daher regelmäßig mit der Gegenseite über eine neue gemeinsame Produktion verhandeln. Dabei geht es häufig um Geld, aber auch um den Umfang und die Zeiten deiner Arbeit. Gerade Neulinge in der Branche fühlen sich dabei gelegentlich unwohl bei den Verhandlungen - Fragen wie “was ist meine Arbeit wert?” oder “verpasse ich andere gute Möglichkeiten, wenn ich diese annehme?” müssen beantwortet und bedacht werden. Dabei sind Verhandlungen nicht nur in der Medienbranche üblich, und es gibt eine ganze Wissenschaft die sich damit befasst: Die Verhandlungstheorie, ein Teil der sogenannten “Spieltheorie”. In diesem Artikel haben wir einige etablierte Tipps und Tricks gesammelt, welche sich dort über die Jahre als nützlich erwiesen haben - und sie auf die Medienbranche übertragen.

Ein kleiner Hinweis noch, bevor es losgeht: In diesem Blogspost geht es um faire Verhandlungen, bei denen am Ende im Idealfall beide Vertragspartner*Innen profitieren! Psychotricks und Machtspielchen werden darin also nicht vorkommen - unserer Überzeugung nach ist das perfekte Ergebnis das, bei dem der Nutzen für beide Seiten am Ende am größten ist!

1. Kenne deine BATNA

Hä? Was ist denn nun ein BATNA? Es handelt sich hierbei um ein Akronym for das englische “best alternative to a negotiated agreement” - und bezeichnet die Alternative die verbleibt, sollte eine Verhandlung nicht zu einem Erfolg führen. Auf Deutsch könnte man also auch sagen: Kenne deine BAZEV - “die beste Alternative zu einem Verhandlungsergebnis”. Da das aber etwas ungelenk klingt, bleiben wir hier bei BATNA.

Hier ein konkretes Beispiel: Du bist Maskenbildner und bekommst eine Anfrage für einen Dreh für drei Tage in der kommenden Woche. Bevor du in ein Gespräch gehst, überlege dir: Wenn du ablehnen solltest - was machst du dann in diesen Tagen? Hast du ein anderes Angebot das dir gefällt, ein anderes Projekt, welches deine Aufmerksamkeit erfordert oder wolltest eigentlich mit deiner Tochter campen fahren? In diesem Fall hast du eine “hohe BATNA” - also eine super Alternative. Solltest du aber noch nichts vorhaben, so ist deine BATNA weniger vielversprechend.

Kamrea am Strand - Kyle Loftus

Wieso ist das wichtig? Deine BATNA zu kennen, hilft vor allem dir selbst, wenn du dich entscheiden willst, ob du ein Angebot annimmst: Das Ziel ist, sich später nicht zu ärgern, weil man etwas besseres hätte haben können. Außerdem stärkt es deine Position, wenn du weißt, dass du gute Alternativen zu einem Angebot hast - und das kanst du ruhig auch freundlich, aber direkt kommunizieren. Dadurch wird dein Gegenüber besser verstehen, wieso du nicht auf Anhieb zusagst, und kann sich überlegen ob deine BATNA noch überboten werden kann.

2. Vergrößere den Kuchen

Nein, hier geht es nicht um das Essen am Set. Der “Kuchen” wird gerne als Metapher für die zu verteilenden Ressourcen genutzt. Im ersten Moment denken die meisten dabei nur an das Geld: Wenn für eine Produktion 12.000€ zur Verfügung stehen, können diese den “Kuchen” darstellen, der verteilt wird. Bevor du aber nach einem großen Stück fragst, kannst du vorerst versuchen, den Kuchen zu vergrößern, indem du erklärst, was du benötigst und versuchst zu verstehen, was du noch zum Projekt beitragen kannst.

Kamrea am Strand - Kyle Loftus

Hier sind einige Beispiele:

  • Du hast eine Auftragsflaute und bekommst ein Angebot, das nur mäßig gut bezahlt ist. Du könntest es gegen das Versprechen annehmen, dass du auch an allen Folgeprojekten beteiligt wirst. Das kostet deinen Gegenüber kein Geld, gibt dir aber Sicherheiten.
  • Du bist Kamerafrau und wirst für einen coolen Actiondreh angefragt. Du könntest anbieten, auch bis spät Abends zu arbeiten, wenn du dafür die Rechte bekommst, die spektakulären Aufnahmen für das Showreel auf deiner Homepage einzusetzen.
  • Du machst die Nachbearbeitung und bist Spezialistin mit Adobe After Effects. Ein möglicher Kunde hat ein festes Budget und möchte nicht, dass es überschritten wird, du hast großes Selbstvertrauen und kannst anbieten, das Projekt für einen Festpreis zu übernehmen - bist du tatsächlich so schnell wie du denkst, verdienst du besser. Das Projekt wird für deinen Kunden auf jeden Fall nicht zu teuer.

Versuche stets zu verstehen, “wie groß der Kuchen ist” - und diesen dann zu vergrößern, bevor er aufgeteilt wird.

3. Höre zu

Dieser Tipp hängt direkt mit dem vorherigen zusammen. Häufig gibt es eine Einigung in einer Verhandlung, die beide zufriedenstellen würde - die aber nicht gefunden wird, da jede*r nur die eigene Position versteht. Versuche nachzuvollziehen, was wichtig für deinen Gegenüber ist und sei ehrlich, worum es dir in der Verhandlung geht.

Feedback Meeting - Canva

Es muss dabei nicht immer Geld sein: Zeit und Flexibilität können wichtige Faktoren sein. Genauso die Arbeitsbedingungen, Deadlines, das Essen am Set, oder die gesammelte Erfahrung in einem Projekt.

4. Verhandle fair

Es gibt legendäre Geschichten von schlitzohrigen Verhandlungserfolgen, bei denen eine Partei nicht nur übers Ohr gehauen wird, sondern sich auch noch im Vorteil wähnt. Auch wenn diese Geschichten toll klingen zeigt die Praxis häufig - das lohnt sich nicht. Es geht bei Verhandlungen nicht nur darum, für einen Moment das beste für sich selbst aus der Situation zu machen, sondern den Weg eventuell auch für eine künftige Zusammenarbeit zu ebnen.

Selfie Production - George Milton

Zudem merkt ein*e erfahrene*r Verhandler*In häufig, wenn getrickst wird - und solche Spielchen lassen sich nur allzu leicht ins Gegenteil verkehren. Um “den Kuchen zu vergrößern”, wie in Tipp 2 beschrieben, hilt es, wenn beide Seiten mit (zumindest größtenteils) offenen Karten spielen. Eine Verhandlung, bei der ein “großer Kuchen” gefunden und dann fair durch zwei geteilt wird, hinterlässt am Ende bei beiden ein gutes Gefühl - und sollte dein Ziel sein.

5. Zögere nicht, nach mehr zu fragen

Gerade junge oder unerfahrene Freischaffende zögern vielleicht, sich selbst zu teuer zu verkaufen. Solltest du ein Angebot bekommen, kann es dabei allerdings nie schaden, vorsichtig zu erkunden, ob für dich nicht auch noch mehr drinne ist - gegebenfalls für eine Gegenleistung. Es ist nichts falsches daran, auszutarieren, was deine Leistung der Gegenseite tatsächlich wert ist - denn häufig ist das erste Angebot tatsächlich noch nicht das Maximum.

callsheep Demo - Einladung von Crew und Backup-Optionen

Dabei solltest du natürlich darauf achten, ein gutes Angebot nicht zu verlieren, weil du jemanden vor den Kopf stößt. Sollte ein Auftrag so gut sein, dass du ihn auf jeden Fall haben willst - nimm ihn ruhig an. Lehne jedoch nichts ab, bevor du nicht weißt, ob man ein Angebot nicht doch noch so weit ausdehnen könnte, dass es für dich interessant wird. Statt “nein” zu sagen, stelle dar was du bräuchtest um dabei zu sein und stelle deine Forderungen.

Wir hoffen, diese Ratschläge helfen dir bei deinen nächsten Verhandlungen weiter! Willst du weiterhin durch unseren Blog auf dem laufenden gehalten werden oder diesen Post kommentieren? Dann schreibe uns doch oder folge uns auf Instagram, Facebook, Twitter oder LinkedIn!

Wir freuen uns auf den Kontakt und das gemeinsame Gespräch!

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